Pferdisch - man lernt nie aus!!
Als ich anfing, das Reiten zu erlernen – ich war damals ca. 11 Jahre und total in Pferde vernarrt – ging es auch wirklich nur darum, wie bringe ich das Pferd dazu, das zu machen, was ich von ihm verlangen soll. Ganz am Anfang stand das Reiten an der Longe, damit ich erstmal lerne, auf dem Pferd sitzen zu bleiben. Am Besten so, dass ich wie angeklebt da oben bleibe, um dem Pferd nicht in den Rücken zu plumpsen. Danach kam das Reiten auf dem Platz in der Abteilung. Ich stellte mich wohl geschickt an, denn ich durfte relativ schnell an der Spitze reiten...also da, wo man in so einer Abteilung wirklich etwas zu tun hat und nicht nur hinterher trottet, darauf achtend, wenigstens die Ecken auszureiten. Worum es nie ging war, Pferde zu verstehen. Ihre Sprache zu erlernen. Ja es war nicht einmal bekannt, dass sie eine eigene Sprache „sprechen“.
Als ich begann, eigene Pferde zu halten (Anfang der 90er Jahre), fand ich recht schnell zum sogenannten Horsemanship. Es gefiel mir ausgesprochen gut und ich machte zusammen mit Odina rasch Fortschritte. Wir wurden ein eingespieltes Team und Odinchen reagierte auf jeden Fingerzeig, lies sich „am Bindfaden“ reiten und machte einfach alles, was ich wollte.
Nie im Traum wäre ich drauf gekommen, mit ihr in ihrer Sprache zu kommunizieren, ich wußte ja noch immer nicht, dass Pferde eine Sprache haben...
Ich „spielte“ mit ihr die 7 Games nach Parelli und mehr und dachte mir die Alpha-Rolle zu...
Das hätte alles so weitergehen können, hätte es nicht die Wende in meinem Leben gegeben. Das Wort Wende kann man hier getrost wortwörtlich nehmen. Auf einem schönen Ausritt am 30.8.2018 erschrak meine Bêla, machte kehrt auf der Hinterhand und sprang etwa 120° um die Ecke, um dann loszustürmen. Ich verlor den Halt im Fellsattel ohne Steigbügel und krachte von meiner Barockkugel auf das knochenharte Feld. Und es war härter als meine Knochen, das Feld. Denn 5 Rippen brachen und das Schulterblatt. Ohne Frage der schwerste Sturz, den ich bisher erleben mußte und der nachhaltigste. Als ich nach 6 Wochen endlich wieder beginnen konnte, mit Bêla richtig zu arbeiten, wurde schnell klar, dass ich neue Wege gehen mußte, um das Vertrauen zu mir selbst zurückzugewinnen.
„Es ist deinem Pferd egal, ob du eine bestimmte Emotion empfindest - er kümmert sich nur darum, dass du ehrlich bist.“ Sharon Wilsie
Sprachkurs Pferd von Sharon Wilsie brachte die Wende in meinem Denken.
„Das wichtigste Element ist nicht, wie manche glauben, die "Alpha-Rolle" - was auch immer das ist. Der Mann, der den Satz "Alpha Wolf" geprägt hat, David Mech, widerlegte diese Idee später. Als seine Studien über Wölfe voranschritten, wurde ihm klar, dass das Verhalten und die Rollen in einem Rudel nuancierter und subtiler waren.“ Sharon Wilsie
Ja, ich kann weiter das Alphatier mimen, nur mein schlaues Pferd wird es durchschauen. Denn hinter meinem Alphatiergehabe steckt noch immer das Quentchen Unsicherheit nach diesem folgenschweren Abgang vom Pferd. Und genau dieses Quentchen Unsicherheit nimmt mein Pferd wahr und spiegelt es mir. Und da es selbst keinesfalls unsicher ist, trifft es die Entscheidung, die Verantwortung für unsere Zweierherde, also mich und sich zu übernehmen...
Mit dem Durcharbeiten des Buches: Sprachkurs Pferd setzte ein Umdenken bei mir ein. Ich verschlang es regelrecht, um es danach noch einmal in Ruhe durchzuarbeiten. Ende 2018 machte ich mich an die Umsetzung des Gelesenen. Es folgten lange Ausflüge mit Bêla, in denen ich auf Pferdisch mit ihr kommunizierte und erleben durfte, wie wir beide zusehends entspannten. Meine Pferdeleute bemerkten es auch und fragten, wie es kommt, dass Bêla so gelassen ist??
„Pferde schätzen den Raum mehr als Nahrung, Wasser, Unterkunft, Komfort und Berührung. Wenn ein Pferd keinen Platz zum Bewegen hat, kann es nicht entkommen, und Mutter Natur hat ihn als Meister der Flucht entworfen.“ Sharon Wilsie
Pferde schätzen Raum mehr als alles andere! Was für ein Satz. Was für eine Erkenntnis. Und wie einfach ist es, Pferden Raum zu geben.
Die Reise in die Welt der Pferde(sprache) hat für mich begonnen und ich lade dich ein, mit mir und den Pferden hier auf die Reise zu gehen.