Angst und Pferde - das paßt nicht zusammen!

Das Pferd spiegelt uns nicht allein mit seinen Augen. Aber lies selbst:

Angst und Pferde passen nicht zusammen. Ganz einfach. Aber warum ist das so und wie ist der Weg da heraus...??

Montag beim ReitAbo hatte ich ein wunderbares Gespräch mit meiner kleinen Reiterin Doria, die bei uns ungefähr 9 Pferdestunden bisher absolviert hat. Wir sprachen über Angst und Pferde, da vergangene Woche ein Mädchen vom Pferd gestürzt ist und sich verletzt hat. Doria war dabei gewesen. Nachdem seit Beginn des Projektes Zahrenpferde vor ca. 13 Monaten und seit 28 Jahren Pferdehaltung und durchgegehend Fremdreiter, Kinder und Erwachsene, auf meinen Pferden, kein Sturz mit einer größeren körperlichen Blessur einher gegangen ist, war dieses Ereignis Anlaß genug, wieder gründlich darüber nachzudenken, was können wir noch tun, damit das möglichst nie passiert?!?! Dass das bei mir immer ein Thema ist, wie minimiere ich dieses Risiko, zeigt, dass dies der erste Unfall dieser Art ist, ausgenommen mein eigener Sturz im letzten Jahr – aber der ist ja mir selbst passiert und war ungefähr Nummer 40 meiner Stürze vom und mit dem Pferd während 40 Jahren Reiten...

Ich fragte Doria, ob sie schon einmal Angst bei und mit unseren Pferden hatte. Sie bejahte und erzählte, dass sie einmal Angst hatte, als sie bei uns auf dem Platz allein, also nicht geführt, auf dem Ashley ritt. Ich fragte, was hast du dann gemacht? Und sie erzählte mir: ich habe dem Ashley von meiner Angst erzählt und da ist er ganz ruhig geworden!

Hammer!!! Dachte ich – oder?? So eine intuitiv richtige Reaktion! Sag deinem Gegenüber, was mit dir los ist und wenn es ein Pferd ist!! Tu nicht so, als hättest du keine Angst, tu nicht so, als hättest du alles im Griff. Pferde „riechen“ deine Angst 10 Meilen gegen den Wind. Sie sind Meister darin. Und wir sind Meister im Verstecken, aber eben nicht den Pferden ebenbürtig, da sie uns noch meisterhafter spiegeln, die Angst in uns wahrnehmen und durch ihre Reaktionen zum Ausdruck bringen. Sie verstehen nicht, dass und warum wir etwas verstecken, sie spüren nur, dass mit uns etwas nicht stimmt. Das was wir vorgeben ist nicht das was ist. Das Pferd braucht um seiner Sicherheit willen allerdings Wahrhaftigkeit unsererseits.

Es funktioniert nicht, wenn ich angespannt und dadurch „nervös“ bin, da ich vielleicht Ärger zuhause, in der Schule, mit Freundinnen oder in der Firma habe und mir denke, ich nehme mir jetzt eine Auszeit beim Pferd und vergesse alles mal für eine Stunde. Da es in unserem Unterbewußtsein arbeitet – jedes ungelöste Problem arbeitet in unserem Unterbewußtsein (!!!!) - , ob wir das wollen oder nicht, wird es für das Pferd wahrnehmbar und es wird uns durch seine eigene Anspannung und Nervosität spiegeln, dass mit uns etwas nicht stimmt. Das ist die einzige Möglichkeit, die das Pferd hat, auf uns zu reagieren! Es spiegelt uns! In so einer Situation hilft es schon, dem Pferd zu erzählen, was mit uns los ist. Die Reaktion des Pferdes wird Bände sprechen – wie bei Doria und Ashley. Und wir können etwas entspannen, da wir rausgelassen, ausgesprochen, geteilt haben, was uns bedrückt.

Und dann vielleicht einen Schritt zurücktreten und schauen, was mach ich heute mit dem Pferd, wenn ich so nervös bin? Wenn ich merke, dass die Gedanken an den Streß immer wieder hochploppen und ich nicht 100% im Hier und Jetzt mit meinem Pferd bin? Ich verbringe vielleicht Zeit bei ihm und lasse mich von seiner Ruhe, Gelassenheit und Aufmerksamkeit anstecken, vielleicht geh ich ein Stück raus, laufe mit dem Pferd, laß es hier und da grasen, erfreu mich an der Freude des Pferdes, über den entspannten Bummel. Pat Parelli sagt sinngemäß: verlange in einem Viertel der gemeinsame Zeit Leistung von deinem Pferd und sei ein dreiviertel deiner Zeit eine Freude und Erholung für dein Pferd.

Vielleicht beobachte ich mein Pferd und versuche einfach nur immer besser seine Körpersprache zu verstehen, in der es mit den anderen Pferden kommuniziert? Jedenfalls sollte ich besser nicht reiten, wenn ich Angst habe oder aus irgendeinem Grund nicht bei der Sache sein kann.

Als Reiter oder Führer eines Pferdes erwarte ich, dass das Pferd auf mich achtet und meinen Aufforderungen und Hilfen nachkommt. Das Pferd erwartet von mir nur eins; Sicherheit. Genau die Sicherheit, die es bei seinen Herdenkollegen findet, wo einer auf den anderen achtet und genau spüren kann und muss, wenn das andere Pferd anspannt, weil es vielleicht eine Gefahr wahrgenommen hat. Durch seine eigene Anspannung informiert es die anderen Pferde. Deshalb können die Pferde auch so genau spüren, was mit uns los ist – sie sind um ihres Überlebenswillen darauf angewiesen.

Ein Reiter der Angst hat, kann dem Pferd keine Sicherheit vermitteln, ein Reiter der gestreßt und nicht bei der Sache ist wird herausfordern, dass das Pferd immer wieder abcheckt, ob es in Ordnung ist, sich dem Reiter anzuschließen oder ob es sicherer wäre, wenn der Reiter sich dem Pferd anschlösse. Diese Formulierung habe ich so das erste Mal bei Sharon Wilsie gelesen, auf deren 4Tages Kurs im Oktober ich mich sehr freu: Das Pferd schaut: sorgst du für uns beide oder soll ich das für uns tun? Versuch mal mit dieser Idee im Herzen beim Pferd zu sein! Und sei dir im Klaren, die wenigsten Pferde wollen Führer sein! So wie auch die wenigsten Menschen. Pferde schließen sich gern an, daher schließen sie sich auch einem Pferdemenschen gern an.

Habe den Mut, um deiner selbst Willen, zu deinen Gefühlen zu stehen und sie aussprechen! Das wünsch ich mir von jedem Menschen, der hier mit den ZahrenPferden Kontakt aufnimmt und von und mit ihnen lernen möchte.